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Autor: |
Müller-Brettel, Marianne |
Titel: |
Frieden und Krieg in der psychologischen Forschung. Historische Entwicklungen, Theorien und Ergebnisse. |
Jahr: |
1995 |
Herausgeber: |
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Zusatz/Reihe: |
Reihe: Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. Materialien aus der Bildungsforschung, Nr. 53 |
Ort: |
Berlin |
Verlag: |
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Band: |
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Schlüsselwörter: |
Psychologiegeschichte; Sozialisation |
Abstract:
Berichtet wird ueber psychologische Untersuchungen zu Frieden und Krieg seit dem Ersten Weltkrieg. Die Analyse ergab: Historisch gesehen konnte sich die Friedenspsychologie im Unterschied zur Militaerpsychologie als wesentlicher Bestandteil der Psychologie nicht etablieren. Da die mit Frieden und Krieg im Zusammenhang stehenden psychischen Prozesse nicht nur individuelle, sondern wesentlich kollektive psychische Phaenomene betreffen, war die Entwicklung der Psychologie nach dem Ersten Weltkrieg zu einer ahistorischen, individuumzentrierten und nomothetischen Wissenschaft fuer die Analyse dieser Prozesse nicht foerderlich. Die Ergebnisse bisheriger entwicklungs- und sozialpsychologischer Forschung machen deutlich, dass Angst und das Beduerfnis, zu einer Gruppe zu gehoeren, wesentlich staerkere Motive fuer die Wehr- und Kriegsbereitschaft sind als aggressive Dispositionen. Die Schwierigkeit, gewaltfreie Konfliktloesungen zu praktizieren und Frieden als Normalzustand zwischen Staaten zu etablieren, liegt somit weniger an der Biologie des Menschen als vielmehr an seiner Geschichte und Kultur. Denn eine pazifistische Sozialisation ist in der Gesellschaft aufgrund der bellizistischen Strukturierung von Raum (Laendergrenzen, Nationaldenkmaeler usw. haengen mit Kriegen zusammen) und Zeit (Geschichte als Abfolge von Kriegen) nur schwer moeglich. Individuell werden die mit Frieden und Krieg zusammenhaengenden Prozesse nur partiell und verzerrt erfahren. Sie koennen in ihrer Gesamtheit nur abstrakt auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse verstanden werden. Das weitgehende Fehlen solcher Erkenntnisse bei Journalisten, Lehrern und Eltern fuehrt aber dazu, dass Frieden und Krieg meist nicht objektiv und rational, sondern irrational - im Piagetschen Sinne animalistisch, artifizialistisch und magisch - interpretiert und erlebt werden. (Report/Udo Wolff - ZPID)