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Autor: |
Weydt, Harald; Hentschel, Elke |
Titel: |
Ein Experiment zur Entwicklung der verbalen Interaktionsfähigkeit bei Kindern. |
Jahr: |
1981 |
Herausgeber: |
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Zusatz/Reihe: |
in: Zeitschrift für germanistische Linguistik |
Ort: |
o.E. |
Verlag: |
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Band: |
9/3, Seite 326-336 |
Schlüsselwörter: |
Sprachentwicklung; verbale Kommunikation; soziale Kognition; Grundschulkinder; Studie |
Abstract:
Zur Untersuchung der Entwicklung der verbalen Interaktionsfaehigkeit beim Kind in einem Teilbereich wurden als Testmaterial vier verschiedene Zeichnungen (Gesichter mit Baerten) verwendet, denen einer von drei moeglichen Saetzen zugeordnet werden sollte. Zwei dieser Saetze enthielten als Ausdruck des Staunens die Abtoenungspartikel "vielleicht" und "aber" ("Hat der vielleicht/aber einen Bart!"), welche als semantisches Minimalpaar im Mittelpunkt der Untersuchung standen. Drei unabhaengige Variablen wurden beruecksichtigt: Alter, Referenzbezug und Partnerbezug. Unter der Bedingung "Referenzbezug" konnten sich die Abtoenungspartikel auf die "Qualitaet" oder die "Quantitaet" des jeweiligen Gegenstandes beziehen. Unter der Bedingung "Partnerbezug" war - je nach Kontext - der Gegenstand des Staunens dem Sprecher und dem Hoerer oder nur dem Sprecher bekannt. Zunaechst wurde das Material 113 erwachsenen Versuchspersonen vorgelegt. Die auf diese Weise gefundenen Werte sollten die Sprachnorm der Erwachsenen repraesentieren. Derselbe Test wurde anschliessend mit 178 sieben- bis elfjaehrigen Schuelern in acht Berliner Schulklassen durchgefuehrt. Bezueglich der ersten Variablen ("Referenzbezug") zeigte sich, dass auch schon die juengeren Schueler die semantische Struktur der Abtoenungspartikel in Uebereinstimmung mit der Sprachnorm der Erwachsenen verwenden. Anders verhielt es sich, wenn auch der Informationsstand des Gespraechspartners zu bedenken war. Die Siebenjaehrigen verwendeten beide Partikel noch gleich haeufig fuer den besonders kraeftigen Bart; mit zunehmendem Alter naeherten sich dann die Werte kontinuierlich der Erwachsenennorm. Die Ergebnisse werden als Indikator vorwiegend kognitiver Entwicklungsprozesse interpretiert: So wie Kinder erst allmaehlich die raeumliche Perspektive eines anderen zu beruecksichtigen lernen (Piaget, Inhelder, Meyer), so gelingt es ihnen auch erst nach und nach, ihre Aeusserungen in Antizipation der Sichtweise eines Gespraechspartners zu modifizieren. (Zeitschrift/Joachim H. Becker - ZPID)